• Test meines neuen 12 Zoll Orion Newton F / 5,3
  • von Frank Wierny, Portsloge
  • Im Frühjahr legte ich mir ein gebrauchten 12 Zöller zu. Da ich mit meiner ST 4000 XMC und dem 8“ Mak Newton etwas wenig Licht zur Verfügung hatte und das Bild bei dieser Chipgröße vignettiert, tauschte ich den Mak gegen einen 12 Zoll Newton von Orion (England) ein. Der Tausch kam durch einen Zufall zustande. Ein Schweizer Sternfreund bot mir das Teil auf eine Anfrage meinerseits im Internet an. Nach längerem Gespräch sagte er mir, dass er ein 8“ Zoll Maksutov Newton sucht. Nun ja, das Schicksal meines 8“ war besiegelt…denn ich brauche ja nicht zwei Top Geräte! Wir teilten uns die Speditionskosten von je 60 Euro, der Spediteur tauschte die beiden Optiken auf seiner Tour nur aus. Natürlich war das Wetter wieder mal total mies, wie das immer ist wenn man sich ein neues Scope kauft! Da hat es der Schweizer Sternfreund besser gehabt, der konnte gleich testen…
  • Der 12 Zoll Orion kam ursprünglich direkt aus England vom Hersteller. Der Spiegel hat 0,015 RMS, PV Wave = 0.096, das entspricht 99,2 % Strehl! Eine sehr gute Optik! Die kann man zwar bei unseren Luft Verhältnissen nie richtig ausnutzen, aber es hat mich natürlich gereizt! Die Optik ist in einen Leichtbau Tubus aus Aluminium eingebaut. Die Hauptspiegelzelle ist mit einer 9 Punkt Spiegelauflage versehen, ebenfalls aus Alu. Die Rohschellen sind auch aus dünnen Alustreifen gefertigt, allerdings ziemlich primitiv! Der Okularauszug ist aus Alu, aber leider sehr schlecht verarbeitet. So hatte ich das Problem, dass beim Justieren mit dem Chesire Okular alles schön fluchtend eingestellt war aber mit dem Laser nicht mal näherungsweise! Habe lange nach dem Grund gesucht und dann auch gefunden. Die Basis des Fokussierers stand nicht genau senkrecht zum Fangspiegel. Die Basis war schlecht gearbeitet. Auf so was muss man erst mal kommen! Na ja, ich habe dann zunächst auf einer Seite fünf Streifen Alkorfolie unter gelegt, dann ging es erst mal recht gut. Mein Schweizer Händler hatte zufällig auch noch einen guten Moonlite Fokussierer mit Motor am Lager, den er mir für einen sehr guten Preis verkaufte. Was für ein Unterschied! Den Fokussierer habe ich an den Tubus angepasst, er läuft butterweich. Und da ich sowieso schon mal im Kaufrausch war legte ich mir auch noch das dazugehörige PC Interface von Shoestring zu, dass ich im Internet für einen günstigen Preis fand. Nun kann ich direkt per Software fokussieren. Die beiden Tubus Verschlussdeckel sind ein Witz. Sie bestehen aus sehr dünnem, schwabbeligen Kunststoff, die leider schon an den Seiten eingerissen sind.
  • Auch die Rohrschellen sind sehr primitiv. Einfachste, dünne Blechstreifen, noch nicht einmal kreisrund. Gewinde einschneiden um z.B. Zubehör zu befestigen ging schon mal gar nicht. Also musste ich mir auch dazu was überlegen. Beim diesjährigen ATT in Essen sprach ich mit einem Mitarbeiter von TS, der mir Rohrschellen aus Multiplex empfahl. Warum eigentlich nicht mal Rohrschellen aus Holz ausprobieren? Für 120 Euro in dieser Größe fürs Paar brauche ich erst gar nicht weiter zu suchen… es gibt nichts vergleichbares! Nach zwei Wochen hatte ich die beiden (sehr sauber gearbeiteten!) Rohrschellen in Händen und die ollen Blechschellen wurden verschrottet! Nun hatte ich den Tubus sauber und stabil auf die Montierung setzen können und ein erster Test der Optik konnte erfolgen.
  • Aber was musste ich denn da sehen? Drei Venussicheln ineinander! Häh? Nur Doppelsterne mit merkwürdigen Lichtbögen drum herum? Ich ahnte schon was nun kommen wird: Die Abbildung war aufgrund vieler Reflexionen so was von grottenschlecht…! Die nächste Bastelstunde war also schon vorprogrammiert: Ich kaufte mir drei Rollen Veloursfolie und kleidete erst mal den Tubus damit aus. Ebenso alle sichtbaren Teile im Strahlengang des Fokussierers und die Aussenkanten der Fangspiegelhalterung. Alle Schrauben die in den Tubus ragten wurden geschwärzt u.s.w. Warum kann so was nicht gleich ab Werk erfolgen? Da wird eine absolut edle Optik in einen schrottigen Tubus verbaut, was soll das nur, ich werde das wohl nie verstehen…!
  • Der nächste Test war da wesentlich erfolgreicher. Die Venussichel war absolut „kernig und rattenscharf“. Sterne sauber und knackscharf, ohne jegliche Ausfransungen! So stelle ich mir einen guten Newton vor! Die Beobachtung von einzelnen Galaxien und Nebeln zeigte ebenfalls scharfe, kontrastreiche Bilder. Ich stelle mir gerade vor wie es wäre, das Scope mal mit ins Gebirge zu nehmen. Wäre wohl ein echter Hammer!
  • Auch fotografisch überzeugt mich der 12 Zöller, dafür habe ich ihn ja eigentlich angeschafft. Wie oben schon erwähnt brauchte ich mehr Licht und weniger Obstruktion. Dieses Gerät hat einen 63mm großen Fangspiegel. Damit kann ich das Bildfeld in einer DSLR gut ausleuchten. In meinem alten Maksutov Newton habe ich ja extra einen 50mm großen Fangspiegel eingebaut, damit die Ausleuchtung stimmt. Leider war das etwas zu wenig. Mit 63mm klappt das natürlich besser. Was allerdings etwas schwieriger ist, ist das exakte Fokussieren am Bildschirm. Bei einem Öffnungsverhältnis von 5.3 ist der Winkel für den exakten Fokus sehr flach. Gerade bei unserem oft mäßigen Seeing gelingt dies nur schwer. Ich habe mir daher das PC Interface besorgt, womit ich sehr fein abgestuft einstellen kann. Ist zwar auch ein Geduldsspiel, aber es gelingt damit recht gut.
  • Fazit: Die Anschaffung hat sich auf jeden Fall gelohnt, weil ich für diese Super Optik nicht sehr viel Geld ausgeben musste. Der Spiegel ist sehr glatt, bildet daher sehr gut ab. Den originalen Fokussierer sowie die Rohrschellen und Verschlussdeckel kann man aber getrost vergessen. Den Tubus muss man auf jeden Fall selber schwärzen, am besten mit Veloursfolie. Leider reicht die Schwärzung, die ab Werk versehen wurde, absolut nicht aus. Auch hier muss man selber Hand anlegen. Es gibt natürlich auch Versionen zu kaufen, die einen besseren Fokussierer haben und einen Tubus aus Karbon mit guten Rohrschellen. Aber bei einem Preis von über 3700 Euro wäre da zu überlegen, selber was zu bauen…